Henriette und der Traumdieb

von Akram El-Bahay

Die 13-jährige Henriette ist eine ganz besondere Träumerin. Sie kann sich an jeden Traum erinnern, als wäre er Wirklichkeit. Sogar Träume aus frühester Kindheit kann sie noch abrufen. Doch eines Tages ist der Traum der letzten Nacht verschwunden. Sie kann es nicht fassen, er wurde ihr gestohlen. Ihr Zwillingsbruder landet auf einmal in einem ihrer Träume und glaubt den Bücherdieb gesehen zu haben.  Als er seiner Schwester davon erzählt, beschließen die beiden durch Henriettes Träume zu reisen um den Traumdieb zu fassen. Doch damit dies gelingt, muss Henriette zur Wunschträumerin werden. Sie sucht Rat bei ihrem Freund dem Buchhändler, der immer ein offenes Ohr für sie hat. Auch ihre Traumfiguren stehen ihr 

jede Nacht zur Seite und versuchen sie zu unterstützen.


Meine Meinung:

Es fällt mir schwer einen Gesamteindruck zum Buch zu schreiben, da sich Anfang, Mittelteil und Schluss sehr voneinander unterscheiden. Darum teile ich es im Folgenden in diese Abschnitte ein.


Der Anfang ist sehr schlicht gehalten, die Sätze sind sehr kurz und man kommt nur Stück für Stück voran. Die Handlung ist sehr kindlich. Für mich als Erwachsene waren einige Elemente schon fast albern und wirkten einfach nicht überzeugend. Erinnerungen an Träume aus frühester Kindheit in denen man noch nicht mal laufen konnte, sprachen mich nicht wirklich an. Auch die Figuren konnten mich nicht überzeugen. Es fiel mir schwer in die Geschichte hineinzufinden. Der Schreibstil war mir zu holprig und konnte mich einfach nicht fesseln. Ich hatte den Eindruck, dass dieser Teil eher für sehr kleine Kinder geschrieben wurde.


Der Mittelteil wurde schon interessanter und ließ sich flüssiger lesen. Die Handlung wurde komplexer und es kamen düstere Elemente wie der Nachtschattenwald dazu. Auch Henriette und ihr Bruder Nick entwickelten sich weiter. Man lernte mehr Facetten von Ihnen kennen. Die Geschichte wurde spannender, ideenreicher und ich als Leser neugieriger. Dieser Abschnitt eignete sich eher für Kinder ab 11 Jahren, da hier auch leicht gruselige Stellen vorkamen.


Der Schluss war wunderschön, tiefgründig, spannend, herzerwärmend und traurig. Die Geschichte wurde zum Ende hin viel flüssiger erzählt und hat mich so doch noch fesseln können. Die Handlung war bewegend und in diesem Teil rundum gut erzählt. Hier gab es viele Einblicke in die Gefühlswelt. Die Reaktionen der Figuren waren sehr gut nachvollziehbar. Henriette und Nick lernen, dass es nicht nur gut und böse gibt. Sie schauen hinter die Fassade und zeigen dabei sehr viel Mitgefühl. Das fand ich wirklich schön. Auch wenn ich vieles schon geahnt habe, fand ich die Umsetzung zum Schluss einfach wunderbar. Es kam noch so viel Hintergrundwissen und interessante Geschichte dazu, dass diese Offensichtlichkeit nicht störte.

Der Schluss war für Jugendliche und Erwachsene gut nachvollziehbar, doch für kleine Kinder zu komplex und tiefgründig.


In dem Buch ist also im Grunde für jede Altersstufe etwas dabei, allerdings gibt es keinen Abschnitt der alle Altersstufen zusammen anspricht. Das finde ich problematisch. Ich hätte mich gerne von Anfang an von der Geschichte fesseln lassen. Doch da fiel es mir wirklich schwer weiterzulesen. Unter anderen Umständen hätte ich das Buch nach den ersten 50 Seiten weggelegt. Ich bin froh, dass ich weitergelesen habe, auch wenn es wirklich lange gedauert hat bis das Buch mich überzeugen konnte. Wäre das ganze Buch so geschrieben wie die letzten 100 Seiten, ich würde es lieben.


Die Traumwelt war für mich nicht ansprechend gestaltet. Es gab einen finsteren und gruseligen Nachtschattenwald, eine große Wüste mit Beduinenzelten, ein krummes und schiefes Hexenhaus und noch ein paar andere Schauplätze. Hier hätte ich mir mehr Einfallsreichtum und eine schönere Ausarbeitung gewünscht.


Die Verliebtheit die sich im Laufe des Buches entwickelt, passte irgendwie nicht rein. Sie war nicht nachvollziehbar und schien völlig fehl am Platz.


Charaktere:

Henriette ist ein Mädchen mit starkem eigenen Willen. Sie lässt sich nicht gerne etwas sagen. Im Laufe des Buchs wird sie immer selbstbewusster und stellt sich ihren Ängsten. Das hat mir an ihr gut gefallen. Ihr Zwillingsbruder Nick ist ein Skeptiker, er hört auf sein Bauchgefühl und hat damit meistens recht. Trotz seiner Zweifel steht er seiner Schwester zur Seite und versucht sie so gut wie möglich zu unterstützen. Beide machen eine starke Entwicklung durch und merken wie wichtig es ist zusammenzuhalten. Sie bekommen Einblicke in die Gefühlswelt anderer und müssen sich mit schwierigen Themen wie Angst, Trauer und Verlust auseinandersetzen. Ihre Handlungen waren für mich gut nachvollziehbar.

Der rätselhafte Herr Anobium war eine überaus interessante Figur. Man wusste lange nicht was man von ihm halten sollte. Die Traumwesen fand ich etwas eigenwillig, bis auf den Traummeister blieben sie für mich zu blass. Aber ich denke für Traumwesen ist das auch völlig in Ordnung. ;)


Schreibstil:

Der Schreibstil war sehr bildhaft und detailreich. Jedoch vermochte er mich anfangs nicht zu fesseln. Erst mit der Zeit wurde die Geschichte flüssiger erzählt und gewann meine Sympathie.


Gestaltung:

Die Covergestaltung finde ich sehr gelungen. Hier wurden viele Elemente der Geschichte mit eingebunden. Im Vordergrund sieht man Henriette wie sie ein altes Buch hält. In ihrem Mantel ist der Traumdieb zu sehen wie er durch eine goldene Tür schreitet. Teile von Henriettes Traumwelt zieren den Hintergrund. Die Schrift ist raffiniert integriert. Sie ist auf einer langen Schriftrolle untergebracht die Henriette umschlingt. Mich hat das Cover sofort angesprochen und neugierig gemacht.


Fazit:

Ein Buch mit einem holprigen Anfang, dem ein spannender Mittelteil folgt und welches mit einer wunderschönen aber auch traurigen Geschichte endet. Nachdem ich anfangs schon aufgeben wollte, bin ich froh, bis zum Schluss weitergelesen zu haben.




Eure Katrin

|    Henriette und der Traumdieb        |        von Akram El-Bahay       |        400 Seiten

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